data-driven zu sein, ist nicht optional

Feb 13
Die Multi-vernetzte Welt produziert mehr Daten als jemals zuvor. Wie kein anderer Megatrend treibt die Digitalisierung Volatilität (Volatility), Unsicherheit (Uncertainty), Komplexität (Complexity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity) voran.

Es hat immer Veränderungen gegeben - aber die Dimension und Geschwindigkeit, mit der sich neue Gegebenheiten entwickeln, nimmt stetig zu. Spätestens seit ChatGPT wissen wir nun auch in Europa um die Macht der künstlichen Intelligenz.

Die weitere Digitalisierung und Verknüpfung der Systeme und Anlagen untereinander wird in den nächsten Jahren weiter an Fahrt gewinnen. Unsere Stromnetze werden intelligent. Unsere Heizung wird den Wetterbericht kennen, unsere Autos werden untereinander, aber auch mit der Versicherung kommunizieren.

Wer es nicht schafft mitzuhalten, wird verschwinden!

Im 21. Jahrhundert basieren Innovationen auf Daten

Mehr als drei Jahrzehnte lang ging es den Unternehmen (insbesondere in Europa) nicht vorrangig um innovative Geschäftsmodelle, Kundenerlebnisse oder neue Märkte, sondern vor allem um Kosteneffizienz. So wurden durch den Einsatz von Maschinen und Computern immer mehr Prozesse automatisiert. Viele Jahre vor allem in der Produktion und Fertigung. Durch die exponentielle Steigerung der Rechenleistung und die daraus folgende Verbesserung von Algorithmen und künstlicher Intelligenz aber immer mehr auch in anderen Bereichen. Spätestens mit der Entwicklung des Internet wurde die Digitalisierung in alle Winkel unseres privaten und beruflichen Lebens transportiert. So wurden Software und Daten nach und nach vom bloßen Werkzeug zum Kernprodukt und letztlich zum wichtigsten Wettbewerbsvorteil.

Immer wenn es in der Geschichte einen Produktivitätssprung gab änderten sich die Rahmenbedingungen der Unternehmen dramatisch. Das gilt von der Erfindung des Rads bis heute. Was in der Vergangenheit richtig war kann nun nicht mehr der optimale Ansatz sein. Halten wir zu lange am Status Quo fest, so wird ein anderer kommen und uns überholen. 
“If you don’t evolve and change you go backwards. It’s pure physics.” Larry Fink. 
In Zukunft werden immer mehr klassische Geschäftsmodelle in ihrer Existenz bedroht. In praktischem jedem Markt stellen sich dadurch neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen. Sie kennen das Beispiel bestimmt: Kodak erfand bereits 1975 die Digitalkamera. Aus Angst davor den Markt der analogen Fotografie zu schaden, behielt man die Entwicklung jedoch unter Verschluss. Dann sah man so lange zu, bis andere diesen Schritt gingen und es für Kodak zu spät war. 

Firmen wie AOL, Salamander, Horten, Grundig, Quelle, Nokia oder Commodore waren allesamt unangefochtener Marktführer zu ihrer Zeit. Sie alle sahen die Konkurrenz kommen, wachsen und taten – nichts. 
Nokia war 2010 noch doppelt so groß wie Apple, viermal so groß wie Samsung und wuchs bedeutend schneller. 

Wie eine Studie von PwC zeigt liegt der Innovations-Fokus hierzulande noch immer eher auf Produkten, als auf Services. Daraus muss man folgern, dass Innovation in den Ingenieursabteilungen feststeckt. Innovation muss heute ganzheitlich, insbesondere unternehmensweit über alle Abteilungen hinweg verstanden werden. Gerade innovative Services bieten noch große Chancen sich von der Konkurrenz zu differenzieren.

Unternehmen wie Google, Amazon, Uber und Facebook existieren nur auf Grund der Möglichkeiten die ein digitales Geschäftsmodell bietet. Sie haben verstanden, dass heute der größte Wettbewerbsvorteil in der Schnittstelle zum Kunden liegt - und diese sich mit Hilfe von Daten exponentiell optimieren lässt. Anhand ihres Erfolges lässt sich erkennen welch gigantische Folgen Daten und Software für die haben, die das Zusammenspiel beherrschen – und für die, die nicht mithalten konnten. 

Beispiele für neue Geschäftsmodelle gibt es genug. Und eins wird dabei immer mehr deutlich: Die größte Wertschöpfung und die engsten Kunden-Beziehungen hat nicht mehr der Hardware-Hersteller, Service- oder Dienstanbieter. Die größte Wertschöpfung findet zukünftig im Interface-Layer statt. 

Sonos stellt vielleicht nicht die besten Lautsprecher her, durch die App und das Interface zu Apple Music, Spotify und Co macht es das Gesamterlebnis aber außerordentlich. Phillips erzielt hohe Margen mit seinem Lampensystem Hue, weil das Gesamtsystem Emotionen wecken kann. iTunes war über Jahre praktisch das Synonym für den größten Teil des Musikmarkts. Der (Mehr-)Wert kommt durch das Software-Interface, nicht das Produkt. Auf was würden Sie eher verzichten? Auf die Geräte ihrer aktuellen Smartphone-Marke, oder auf WhatsApp, Facebook oder Google?

Wie naiv ist es im Angesicht dieser Erfolgsgeschichten zu glauben, dass für die eigene Branche, das eigene Unternehmen keine Gefahr besteht?

"If you don’t cannibalize yourself, someone else will." Steve Jobs

Datengesteuert zu sein ist alternativlos

Tatsache ist, dass die Zukunft weder planbar noch vorhersehbar ist. Niemand kennt die Zukunft. Sicher ist nur, dass sie niemals eine Kopie der Vergangenheit sein wird. Geschieht nichts Unerwartetes werden sich viele Muster in ähnlicher Form wiederholen, aber genau gleich sein wird es nicht. Unsere Welt ist zu komplex, die Zukunft ist von unendlich vielen Variablen und nicht zuletzt vom irrationalen Verhalten der Menschen abhängig. Trotz dieses Wissens zu planen und Prognosen über die Zukunft anzustellen macht Sinn, weil die Erfahrung lehrt, dass die Zukunft sich in weit mehr als 50% der Fälle nicht signifikant von der Vergangenheit unterscheidet. Immer wenn etwas aber wahrscheinlicher ist als 50%, kann ich besser agieren, als wenn ich meine Handlungen und Entscheidungen dem Zufall überlasse. Das ist im Kern das, was sich hinter dem Versprechen ein datengetriebenes Unternehmen zu sein verbirgt. 

Datengesteuert zu sein bedeutet, im gesamten Unternehmen Daten als Grundlage für alle Geschäftsentscheidungen zu nutzen. Untersuchungen von Bain ergaben, dass schon heute die Wirksamkeit von Entscheidungen zu 95% mit der finanziellen Leistung korreliert. Kein Wunder, wenn man sich vor Augen führt, dass die Aktiva der Konzerne zu einem wachsenden Teil aus immateriellen Werten wie Forschung und Entwicklung, der Marke, dem Kundennetzwerk oder dem Pool an Daten besteht. 

Ein datengetriebenes Unternehmen zu werden verspricht also nicht weniger, als die Art und Weise, wie Unternehmen ihr Geschäft betreiben, zu revolutionieren. 

Die Zukunft gehört exponentiellen Organisationen

In analogen Organisationen ist das Abteilungsdenken etabliert. Abteilungen erfüllen mit einer gewissen Autonomie ihre spezialisierten Aufgaben und interagieren in klar definierten Prozessen über definierte Schnittstellen miteinander. In einem Unternehmen das datengesteuert ist wandelt sich dieses Bild deutlich. Die eigentliche Wertschöpfung läuft fast vollständig in Maschinen ab und ist nicht länger auf die Herstellung materieller Produkte beschränkt. Nicht mehr Funktionen, sondern Wertschöpfungsprozesse stehen im Mittelpunkt der Aktivitäten der Menschen.

Daten werden spätestens in dieser Realität zur notwendigen Voraussetzung, um Prozesse und Abläufe zu steuern und zu verbessern. Daten gelten deshalb als der Treibstoff für die Ökonomie des 21. Jahrhunderts. Hinter dem Vergleich von „Daten als dem neuen Öl“ steht aber eigentlich ein ganz anderes Konzept. Rohdaten sind, genau wie Öl nicht an und für sich wertvoll sind, sondern ihr Wert entsteht erst dann, wenn sie gesammelt, mit anderen relevanten Daten verbunden und zeitnah verarbeitet werden. So veredelt, werden Daten schnell zu einem wertvollen Entscheidungsinstrument - zu einer Information -, die es Unternehmen ermöglicht, auf Marktkräfte zu reagieren und in ihren Entscheidungen rational und proaktiv zu sein.

In solchen Organisationen Menschen in erster Linie Experimente durchführen, Veränderungen an Prozessen planen und umzusetzen. Die Umsetzung erfolgt dann kontinuierlich agil in Form von Releases. Alle Abteilungen ordnen sich diesen Sprint-Zyklen unter. 

Wenn wir also davon sprechen, dass alle Unternehmen data-driven werden müssen, geht es auch um die Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf eine Versions- und Release-gestützte, agile Vorgehensweise. Es geht um eine Organisation, in der ein Produktmanager als Interessensvermittler zwischen Technik, Kunden und Business die Anforderungen bündelt. Diese werden dann von Product Owners in kleinen agilen Softwareteams in neue Releases umgesetzt. Es geht um die Logik, dass alle Kunden dieselbe Version der Prozesse nutzen, weil die Bereitstellung in flexiblen Modellen erfolgt. Und es geht darum, dass diese Release-zentrierte Denkweise zum Herzschlag für alle anderen Bereiche wie Vertrieb, Einkauf oder Logistik wird. Das Arbeiten im stillen Kämmerlein innerhalb einer Abteilung wird es nicht mehr geben. Kommunikative Kompetenzen werden für nahezu alle Mitarbeiter immer wichtiger. 

Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen. Unternehmen sind heute, egal ob bewusst oder unbewusst, bereits dabei die Automatisierung der Kernprozesse, der Plattform, voran zu treiben. Das betrifft nicht länger nur die Produktion, sondern alle Bereiche des Unternehmens.

Es ist egal, ob wir solche Organisationen lieben. Die Zukunft wird solchen „exponentiellen Organisationen" gehören. Unternehmen die wirklich data-driven sind, werden so genannt, weil sie analogen Unternehmen mindestens 10x überlegen sind. Deshalb werden ganz einfach keine Unternehmen bestehen können, die anders organisiert sind. Zu groß sind die Vorteile im Hinblick auf Skalierung, Effizienz und Effektivität. 

Datendemokratie als Schlüssel

Immer mehr Aufgaben von Wissensarbeitern werden von Maschinen übernommen. Einfache Aufgaben werden uns abgenommen, doch in der Folge müssen Menschen immer komplexere Situationen und Ausnahmen beurteilen. Das kann niemand mehr allein. Um diese Situationen zu erfassen und richtig zu bewerten wird Zusammenarbeit in Teams, über Abteilungs- und Organisations- Grenzen hinweg immer wichtiger. Emotionale Intelligenz und der Blick über Silogrenzen sind gefordert.

Die Art und Weise wie Daten in die Geschäftsvorgänge, die Denkweise und in die Identität eines Unternehmens eingebunden sind bezeichnet man als Datenkultur. 

Eine aktuelle Untersuchung von IDC zeigt, dass wenn die Menschen in einem Unternehmen mit Daten umgehen können, sie auch tatsächlich bessere Entscheidungen treffen. Dieser Einfluss ist branchenübergreifend und global nachweisbar. Organisationen in denen Menschen mit Daten kommunizieren und zusammenarbeiten haben demzufolge öfter Ideen und teilen bereitwilliger Best Practices, nehmen offen Hilfe an, nicht nur innerhalb von Teams, sondern auch über Gruppen und Geschäftseinheiten hinweg.

Um das volle Potenzial ihrer Daten zu erschließen, müssen Unternehmen alle Mitarbeiter, unabhängig von ihrer Position Zugang zu den für sie relevanten Daten ermöglichen. Manager müssen lernen, ihre Anforderungen nicht nur mit den Menschen in einer Organisation zu teilen, sondern werden diese auch digitale Produkte übertragen müssen. Das führt dazu, dass (nahezu) jedes Unternehmen Menschen benötigt, die im weitesten Sinne Produkte aus Software und Daten erstellen. Nicht unbedingt so mühsam, wie das heute noch passiert. Sondern mit Hilfe von Low Code Plattformen, oder künstlicher Intelligenz, die Anforderungen in Logik überführt. 

Viele Unternehmen müssen ihren Umgang mit Daten dafür fundamental verändern. Wenn künftig möglichst viele Mitarbeiter mit Daten arbeiten sollen, kann das Ziel nur Datendemokratie lauten. Jeder hat dann die Autorität auf Unternehmensdaten zuzugreifen, um sie wertschöpfend zu nutzen. 
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