Grenzen datenbasierter Systeme und Entscheidungen

Jan 12
Trotz der zunehmenden Investitionen in Business Intelligence Software und anderen analytische Systeme zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen, bleibt die Effektivität dieser Technologien in der Praxis oft hinter den Erwartungen zurück.

In komplexen, dynamischen und menschlich beeinflussten Umgebungen wie Märkten oder Lieferketten reichen rein datengetriebene Ansätze nicht aus. In solchen Kontexten spielen nicht messbare, immaterielle Faktoren wie menschliche Erfahrung, Vertrauen und Kontextverständnis eine wesentliche Rolle. 

Heutige BI- und Analyse-Systeme stellen zwar Daten und Informationen bereit, bieten aber nicht notwendigerweise die Funktionalitäten, um komplexe Entscheidungen zu unterstützen. 

Entscheidungen korrelieren direkt mit finanziellem Erfolg

Jüngste Untersuchungen von Bain zeigen eine beeindruckende Korrelation: 95% der Wirksamkeit von Entscheidungen spiegeln sich in der finanziellen Leistung von Unternehmen wider. Es erscheint also nur folgerichtig, dass sich dies auch in den Investitionen für BI-Software widerspiegelt. Diese haben sich seit 2012 auf über 20 Milliarden Euro in 2021 verdoppelt, wie eine Studie von New Vantage Partners zeigt. Doch, obwohl 91,9% der Unternehmen planen, diese Investitionen weiter zu erhöhen, zeigt sich ein paradoxes Phänomen: Die erhoffte Entscheidungsverbesserung durch analytische Systeme bleibt oft aus.

Entscheidungsverbesserung durch analytische Systeme bleibt oft aus

Einer der Hauptgründe für die begrenzte Effektivität analytischer Systeme in der Entscheidungsfindung liegt in der Art und Weise, wie diese Systeme genutzt werden. IDC-Analysten weisen darauf hin, dass die Unterstützung bei Entscheidungen oft fälschlicherweise mit der bloßen Bereitstellung von Informationen gleichgesetzt wird. Zwar sind Dashboards und Berichte, ob statisch oder interaktiv, integraler Bestandteil dieser Systeme, doch sie stoßen bei der Ermöglichung von wirklich fundierten Entscheidungen an ihre Grenzen. Es mangelt an tiefgreifenden Funktionalitäten, die für eine umfassende Entscheidungsfindung nötig sind, wie beispielsweise das systematische Bewerten von verschiedenen Handlungsalternativen, das gründliche Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten zukünftiger Ereignisse oder das Verstehen komplexer und oft versteckter Beziehungen zwischen verschiedenen Leistungsindikatoren (KPIs).
Die Konsequenz ist, dass Nutzer zwar mit einer Fülle von Daten versorgt werden, jedoch ohne die notwendigen Werkzeuge, um diese Daten effektiv für strategische Entscheidungen zu nutzen. Dies führt zu einer Diskrepanz zwischen der Verfügbarkeit von Daten und ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit im Entscheidungsprozess. Einfach ausgedrückt: Das Überschreiten einer KPI-Schwelle oder das Erkennen eines Trends allein liefert noch keine solide Grundlage für eine effektive Entscheidungsfindung. Was fehlt, ist eine Brücke zwischen der Datenbereitstellung und der Entscheidungsumsetzung. Nutzer benötigen nicht nur Zugang zu Daten, sondern auch zu Kontextinformationen, Interpretationshilfen und prädiktiven Analysetools, die es ihnen ermöglichen, die Implikationen der Daten zu verstehen und darauf basierend kluge Entscheidungen zu treffen. Ohne diese zusätzlichen Funktionen bleiben die Daten oft eine ungenutzte Ressource, die ihr Potenzial zur Verbesserung der Entscheidungsqualität nicht voll ausschöpfen kann.

Komplex und kompliziert darf man nicht verwechseln.

Datengetrieben und evidenzbasiert zu sein, ist großartig, wenn es darum geht, einen Herstellungsprozess zu verbessern oder die Effizienz eines neuen Verfahrens zu testen. Das liegt daran, dass alle Daten des Systems messbar und kontrollierbar sind. Laboratorien und Fabriken sind statische, isolierte Umgebungen. Infolgedessen kennen wir alle Faktoren und wissen wie sich diese gegenseitig beeinflussen. Da es sich um statische Umgebungen handelt, sind auch die Schlussfolgerungen immer wahr. Wenn eine Komponente der Verpackungsmaschine kaputt ist, wird sie immer kaputt sein, bis sie repariert wird. Wenn ein Verfahren die Effizienz einer Maschine um 30% verbessert, wird das nicht nur heute, sondern dauerhaft so sein… Datengetriebenes Entscheiden eignet sich damit in besonderem Maße für die Automatisierung von komplizierten Prozessen.

Komplex und kompliziert darf man nicht verwechseln. Kompliziertheit ist ein Maß für Unwissenheit. Sie verschwindet durch Lernen. Komplexität ist das Maß für die Menge der Überraschungen, mit denen man rechnen muss. 

Dieser Unterschied wird besonders in Systemen wie Märkten oder Lieferketten deutlich. Im Gegensatz zu statischen Umgebungen erfordern diese komplexen Umgebungen ein tieferes Verständnis der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Hier müssen Probleme erst konstruiert werden, bevor Lösungen gefunden werden können. Eine Aufgabe, die der menschlichen Intelligenz vorbehalten bleibt. Auch spielen immaterielle Faktoren wie menschliche Erfahrung, Vertrauen und Kontextverständnis eine wesentliche Rolle. 

Wesentliche Entscheidungen können nicht ausschließlich auf Basis von Daten getroffen werden

Wesentliche Entscheidungen nicht ausschließlich auf Basis von analytischen Daten getroffen werden können. Sie müssen ergänzt werden durch immaterielle Faktoren und vor allem durch menschliche Erfahrung und Urteilsvermögen. In einer Welt, in der Komplexität und Unvorhersehbarkeit vorherrschen, bleibt menschliche Expertise unverzichtbar für effektive Entscheidungsfindung. Aktuelle analytische Systeme stellen nur Daten bereit, bieten aber keine Funktionen für die Unterstützung von menschlichen Entscheidungsprozesse.

Eine McKinsey's Umfrage unterstreicht dies eindrucksvoll: 72% der Befragten glauben, dass schlechte Entscheidungen in ihren Organisationen genauso häufig vorkommen wie gute, oder sogar überwiegen.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass trotz aller Fortschritte in der datengetriebenen Analyse, die Qualität der Entscheidungen (in komplexen Umgebungen) bisher nicht signifikant verbessert werden konnte.

Der Schlüssel ist die Kultur

Es reicht nicht aus, sich allein auf Daten zu stützen; vielmehr bedarf es einer ganzheitlichen Herangehensweise, die eine tiefgreifende Integration der Datenanalyse in die Unternehmenskultur fördert. Eine umfassende Anpassung von Prozessen, Methoden und Führungsstrukturen in Unternehmen, also die Entwicklung einer robusten Datenkultur ist unerlässlich. Dies beinhaltet insbesondere die Schaffung eines Umfelds, in dem Mitarbeiter ermutigt werden, datengetriebene Erkenntnisse aktiv zu nutzen und in ihre tägliche Arbeit zu integrieren. Führungskräfte müssen nicht nur eine Vision für die Nutzung von Daten vorgeben, sondern auch entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, die Mitarbeitern nicht nur den Zugang zu Daten und Analysetools ermöglichen, sondern sie auch dazu befähigen, diese auch sinnvoll einzusetzen. 
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