Data Mesh ist kein neues Konzept. Lust auf ein Beispiel aus einem HO-Markt?

Jun 17
Manchmal zeigt uns die Geschichte unerwartete Parallelen zu modernen Herausforderungen. Ein Verkäufer in der DDR meisterte eine absurde Bonbon-Überflutung mit kreativer Eigeninitiative und bewies, dass dezentrale, flexible Lösungen oft effizienter sind als starre Vorgaben.

Diese Anekdote aus einem HO-Markt verdeutlicht eindrucksvoll, wie das Prinzip eines Data Mesh funktioniert: Weg von zentraler Kontrolle, hin zu lokaler Autonomie. Ähnlich wie Zara mit seiner agilen Produktionsstrategie zeigt, dass Erfolg in der Flexibilität liegt, kann auch eine dezentrale Datenarchitektur Unternehmen zu besseren Entscheidungen führen.

Das Data Mesh wird viel weniger abstrakt, wenn man aufhört ihn aus dem IT-Silo heraus zu denken 

Ein guter Freund, begnadeter Verkäufer und großartiger Geschichtenerzähler hat in der ehemaligen DDR in einem HO-Markt gearbeitet. Von ihm stammt die Anekdote, dass sie von vielem zu wenig hatten, aber nicht von einer bestimmten Sorte Bonbons der Marke Konsü. Ich glaube, es war Rhabarber. Diese kamen bei seinen Kunden überhaupt nicht an, doch das interessierte in der Planwirtschaft niemanden. Die Rohstoffe waren reichlich vorhanden und so produzierte und lieferte der Betrieb kontinuierlich. Die Bonbons begannen sich deshalb bald nicht nur im Laden, sondern auch im Lager zu stapeln und belegten mehr und mehr des für andere Waren notwendigen Platzes.

In seiner Not begann mein Freund bei jedem Einkauf eine Tüte dieser Bonbons zu verschenken. Eine Praxis, die damals unvorstellbar war und potentiellen Ärger mit der Staatsmacht bedeuten konnte.

Doch diese kreative Lösung führte bald zu einem überraschenden Ergebnis: Sein Markt wurde zum beliebtesten in der Südstadt, die Lagerbestände nahmen ab und der Platz für andere, dringend benötigte Waren wurde frei. 
Obwohl sein Vorgehen nicht den offiziellen Vorgaben entsprach, zeigte es doch, wie wichtig es ist, flexibel auf lokale Gegebenheiten und Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Mein Freund hatte intuitiv erkannt, dass starre Vorgaben und zentrale Kontrolle nicht immer die besten Ergebnisse liefern. 

Von starren Vorgaben zu flexiblen Datenstrategien: Lehren aus dem HO-Markt

Diese Erfahrung aus dem HO-Markt lässt sich hervorragend auf moderne Datenstrategien übertragen. Im Kern geht es dabei um die Fähigkeit, flexibel und autonom auf lokale Herausforderungen zu reagieren – genau wie mein Freund, der erkannte, dass zentralisierte Entscheidungen oft an den realen Bedürfnissen der Kunden vorbeigehen. In einer Planwirtschaft wie der DDR wurden Produkte, wie die unerwünschten Bonbons, zentral gesteuert produziert und verteilt, ohne Rücksicht auf lokale Nachfrage oder Gegebenheiten. Das Resultat war ein Überfluss an wertlosem Bestand und ein Mangel an notwendigen Ressourcen.

Genau diese Problematik greift das Data Mesh auf. Es kritisiert das traditionelle, zentralisierte Datenmanagement, bei dem Daten oft in Silos landen und sich ineffiziente Prozesse etablieren. Stattdessen fördert ein Data Mesh eine dezentrale Datenarchitektur, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der einzelnen Domänen orientiert. So wie mein Freund die Freiheit nutzte, um die Bonbons auf kreative Weise loszuwerden und Platz für gefragtere Produkte zu schaffen, ermöglicht ein Data Mesh den Teams in verschiedenen Domänen, ihre Daten unabhängig zu verwalten. Dabei können sie schnell auf spezifische Anforderungen ihrer Nutzer reagieren, anstatt sich an zentral vorgegebene Prozesse zu halten, die möglicherweise nicht mehr zeitgemäß oder passend sind.

In einem zentralisierten System neigen Teams dazu, sich auf eine zentrale Instanz zu verlassen, was zu einer „Das ist nicht mein Problem“-Mentalität führen kann. Mein Freund hingegen übernahm Verantwortung für die Situation in seinem Markt, obwohl dies nicht von ihm erwartet wurde. Diese Art von Verantwortungsübernahme ist auch im Data Mesh entscheidend. Die einzelnen Domänen tragen die volle Verantwortung für ihre Daten – von der Qualität über die Bereitstellung bis hin zur Nutzung. Diese Verantwortung schafft nicht nur mehr Flexibilität, sondern auch eine höhere Motivation, die Daten optimal zu verwalten und effektiv zu nutzen.

In der Geschichte des HO-Markts war die zentrale Planwirtschaft blind für die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Verkaufsstellen. Ähnlich können zentralisierte Datenplattformen oft die spezifischen Anforderungen einzelner Geschäftseinheiten nicht erfüllen. Ein Data Mesh hingegen stellt sicher, dass jede Domäne – also jede Geschäftseinheit oder Abteilung – ihre Daten in einem Kontext verwalten kann, der ihren spezifischen Anforderungen gerecht wird. Dies führt zu einer stärkeren Ausrichtung auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer und zu einer höheren Effizienz in der Datenverarbeitung und -nutzung.

Dezentrale Flexibilität als Schlüssel zum Erfolg

Die Anekdote aus dem HO-Markt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, lokal und flexibel auf Herausforderungen zu reagieren – sei es in einem kleinen Markt in der DDR oder in einer modernen, datengetriebenen Organisation. Ein Data Mesh bietet den strukturellen Rahmen, um diese Flexibilität und lokale Autonomie auch in der Datenstrategie zu verankern und damit letztlich effizientere und nutzerzentrierte Entscheidungen zu ermöglichen.

So wie mein Freund die Freiheit nutzte, um die Bonbon-Situation zu lösen, können Teams in einem Data Mesh eigenständig entscheiden, wie sie ihre Daten am besten managen und nutzen. Nicht als Selbstzweck, sondern um bessere Entscheidungen zu treffen. 

Der Modekonzern Zara hat diese Lektion gelernt und seine Produktions- und Lieferkette so gestaltet, dass Filialen autonom auf lokale Trends und Kundenbedürfnisse reagieren können. Statt zentral gesteuerte, langfristige Produktionspläne zu verfolgen, produziert Zara kleinere Chargen und wertet kontinuierlich Verkaufsdaten aus, um schnell auf Änderungen im Kundenverhalten zu reagieren. Diese dezentrale Herangehensweise hat Zara zu einem der erfolgreichsten Modehändler weltweit gemacht.